In vielen Gesprächen mit Unternehmern ist zu hören, dass sie von Ihren Beratern auf die Auskunfts- und Beratungspflicht hingewiesen wurden, die Mitarbeiter über eine betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung (z.B. im Rahmen einer Direktversicherung) unterrichten zu müssen. Bei den Beratern handelt es sich in der Regel um den Vertrieb einer Pensionskasse, einer Versicherungsgesellschaft, einem Versicherungsmakler oder einer Bank. Steht hier eventuell ein Eigeninteresse im Vordergrund?
Liegt hier eine fehlerhafte Information vor?
Das Arbeitsgericht Freiburg (ArbG Freiburg, 16.08.2011 – 5 Ca 39/11, rechtskräftig) hatte bereits 2011 entschieden, dass der Arbeitgeber keine Auskunfts- und Beratungspflicht zur bAV durch Entgeltumwandlung hat.
Das Arbeitsgericht begründet dies mit:

a.) Aus §1a BetrAVG (Betriebsrentengesetz) ergibt sich keine Verpflichtung des Arbeitgebers, jeden Arbeitnehmer initiativ auf die Möglichkeit einer Entgeltumwandlung hinzuweisen.

b.) Auch aus dem Nachweisgesetz ergibt sich keine zwingende Verpflichtung des Arbeitgebers, auf die Möglichkeit der Entgeltumwandlung hinzuweisen, und es bestehen auch keine nebenvertraglichen Hinweis- und Aufklärungspflichten des Arbeitgebers dahingehend.

c.) Es obliegt zunächst grundsätzlich jedem Arbeitnehmer selbst, sich bei Eingehung eines Arbeitsvertrages über die den Arbeitnehmer aufgrund von Gesetzen treffenden Rechte und Pflichten aus diesem Vertragsverhältnis zu informieren.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG Erfurt, 21.01.2014 – 3 AZR 807/11, rechtskräftig) hat darüber hinaus am 21.01.2014 klar und eindeutig entschieden, dass Arbeitgeber nicht verpflichtet sind, die Arbeitnehmer von sich aus auf Entgeltumwandlungsansprüche hinzuweisen.

Eine andere Rechtsprechung ist anzunehmen, wenn im Unternehmen eine betriebliche Altersversorgung (z.B. im Rahmen einer Direktversicherung), begründet durch einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine Versorgungsordnung angeboten wird bzw. bereits besteht. Dann nämlich müssen die Arbeitnehmer hiervon Kenntnis erlangen können und der Arbeitgeber muss die Arbeitnehmer hierüber informieren (§§ 2 Abs. 1 Nr. 6 bzw. 10 NachwG). Der Arbeitgeber muss aber nicht regelmäßig über Vor- und Nachteile der bAV sowie steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Folgen informieren. In vielen Fällen wäre der Arbeitgeber hierzu nicht in der Lage oder es wäre ihm nicht erlaubt, da er die Grenzen erlaubter Rechtsberatung überschreiten würde. Die Beratung ist Rechtsanwälten, zugelassenen Rentenberatern und in bestimmten Aspekten Steuerberatern vorbehalten.
Viele Unternehmen gehen davon aus, dass es sich bei einer betrieblichen Altersversorgung (z.B. im Rahmen einer Direktversicherung) alleinig um den Abschluss einer Versicherung handelt. In der Regel verlangt diese auch noch der Arbeitnehmer, begründet durch seinen Rechtsanspruch (§1a Nr.1 BetrAVG) im Rahmen der Entgeltumwandlung. Hierdurch geht der Arbeitgeber davon aus, es würde ihn keine Haftung treffen.

Regelmäßig unterschätzen Arbeitgeber damit die Auswirkungen einer betrieblichen Altersversorgung. Berührt werden dabei nämlich stets gleichzeitig unterschiedliche Rechtsgebiete, wie z.B. Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht, Steuerrecht und Betriebsrentenrecht. Aufgrund des interdisziplinären Zusammenspiels empfiehlt es sich die betriebliche Altersversorgung als eigenes, übergeordnetes Rechtsgebiet zu verstehen. Nachdruck verleiht dieser Aussage §1 Nr. 1 BetrAVG, wonach es sich bei einer betrieblichen Altersversorgung um eine Zusage auf eine Leistung handelt für die alleinig der Arbeitgeber die Haftung trägt.
Sobald Arbeitnehmer mit einem Angebot ihrer eigenen Berater in der Tür stehen, könnte es bereits zu spät sein, die richtigen Weichen im Unternehmen zu stellen, um etwaige Haftung auszuschalten oder zu minimieren. Ohne Konzept und Strategie ist das Unternehmen verpflichtet, dem Rechtsanspruch (§1a Nr.1 BetrAVG) des Mitarbeiters stattzugeben. Nicht überraschend finden die meisten Klagen an den Arbeitsgerichten nach oder bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis statt.

Hier sei noch der Hinweis gestattet, dass betriebsrentenrechtliche Ansprüche einer Verjährung von 30 Jahren unterliegen (§18 a BetrAVG).

Durch die betriebliche Altersversorgung können mannigfaltige Haftungsrisiken in Unternehmen ausgelöst werden. Um diese Haftungsrisiken zu erkennen und gegebenenfalls gegensteuern zu können, benötigen die Unternehmen fachmännische Unterstützung. Hierbei ist es auch wichtig zu wissen, dass eine derartige Rechtsberatung in der Regel, nicht vom Vertrieb eines Versicherers oder einer Bank geleistet werden kann oder darf, sondern ausschließlich von einem zur Rechtsberatung zugelassenen Berater.

JoachimHillenbrand

Joachim Hillenbrand
Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung (FH),
Rentenberater gem. RDG (Rechtsdienstleistungsgesetz)